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Ausstellung "Zeig mir deine Wunde" im Dom Museum Wien

Verantwortlicher Autor: Schura Euller Cook Wien, 13.10.2018, 23:28 Uhr
Kommentar: +++ Kunst, Kultur und Musik +++ Bericht 8138x gelesen

Wien [ENA] Es war ein wunderschöner Spätsommer Abend am 19. September 2018 im Dom Museum Wien. Schön gekleidete Menschen strömten ins Museum und nach der Eröffnung traf man sich noch für Brot und Wein. Über allem schwebte ein zarter Schleier von Zufriedenheit und Wohlergehen. Nichts verriet, dass der Schleier nur allzu zart ist und jederzeit zerrissen und verwundet werden kann. Um Wunden geht es aber in dieser Ausstellung.

Bilder von Leid und Schmerz, von Krieg und Folter werden nicht nur massenmedial immer mehr aufbereitet, sondern sind auch in der Kunst. allgegenwärtig und zeigen, dass die Erfahrung seelischer und körperlicher Verletzungen zur gelebten Realität gehören. Die aktuelle Ausstellung im Dom Museum Wien thematisiert die Darstellbarkeit von Verwundungen. Sie tut dies vor dem Hintergrund christlicher Bild Tradition. Die im Neuen Testament dargestellte Leidensgeschichte Jesu ist zu einem zentralen Moment in der abendländischen Kunstgeschichte geworden. Im Dialog von Malerei, Skulptur, Foto-und Videokunst und von Installationen ist die Ausstellung auch eine Auseinandersetzung mit Verwundungen auf ganz unterschiedliche Weise.

Historisch interessant ist ein Bildwerk, dass zu einer Gruppe spätbarocker Kruzifixe gehört, die extreme Leidensmerkmale aufweisen. Die drastische Schilderung war im mittelalterlichen Typus des "crucifixus dolorosus" vorgeprägt und fand in der Passionsfrömmigkeit des Barock zu einer neuen Ausdrucksform. Ganz anders, oder vielleicht nur eine Fortsetzung mit anderen Mitteln, ist Günter Brus Aktion "Der helle Wahnsinn" aus dem Jahr 1968. Auf einem Schwarzweissfoto zu sehen ist der junge Künstler, der sein aufgeschnittenes Hemd auseinandergezogen hat, um den langen senkrechten Schnitt in seinem Oberkörper freizulegen. Den Blick hat er auf die selbst zugefügte Wunde gerichtet. Die verwendete Rasierklinge liegt noch in seiner rechten Hand.

Die Rückseite des Verwunden ist vielleicht auch die Lebensgier. Die bedingungslose Hingabe an die Möglichkeiten des Daseins, dieses entweder oder, alles oder nichts, sich verbrennen für ein Ideal, ein Vorbild, einen Gott oder auch für seine Zeit. Während sich das Leben bemüht den Kampf ums Dasein, das Töten und Verwunden zu verschleiern, deckt es die Kunst manchmal auf um sich darin zu vertiefen und daraus zu lernen. Die Darstellung von Wunden und Leiden ist sicherlich eine Herausforderung für die Kunst und sie muss sich bemühen die feine Linie zwischen Kunst und Sensationsgier nicht zu überschreiten.

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